Sport ist Diskriminierung
Ein Gladbach-Fan geht in eine Kneipe, legt seinen Fan-Schal auf den Tresen und bestellt ein Bier. Erst jetzt bemerkt er, dass er in eine Fan-Kneipe des 1. FC Köln geraten ist. Er will unauffällig wieder verschwinden, steht langsam auf und greift nach seinem Schal. Da packt der Wirt ihn am Arm und sagt: „Moment. Wer hier wieder raus will, muss vorher das Würfelspiel machen.“
„Okay, und wie geht das,“ fragt der Gladbacher eingeschüchtert, während sich mehrere Kölner um ihn versammeln.
Der Wirt erklärt: „Wenn du eine 1, 2, 3, 4 oder 5 würfelst, kriegst du eine aufs Maul.“
„Und was passiert, wenn ich eine 6 würfele?“
Der Wirt grinst: „Dann darfst du nochmal würfeln.“
Durch Sport werden alle Beteiligten in verschiedene Lager eingeteilt. Diese eifern gegeneinander und diskriminieren sich mehr oder weniger offensichtlich. Obwohl Sport Probleme friedlich lösen soll, führt die sich daraus ergebende Aufsplittung regelmäßig zu Konfrontationen. Bewegung an sich ist etwas Friedliches, aber nicht unbedingt der daraus domestizierte Sport. Das Sportsystem legt häufig erst die Grundlage, mit der Bewegung zu einem Mittel der Diskriminierung wird.
Diskriminierung gibt es auch in weniger offensichtlicheren Facetten. Der Journalist David Epstein wies nach, dass sämtliche sportliche Rekorde, die innerhalb der letzten Jahre neu aufgestellt wurden, kaum in Verbindung mit den verbesserten modernen Trainingsmethoden oder Leistungen der Athleten stehen. Innerhalb der letzten 100 Jahre haben sich vor allem die Technologie der Laufbahnen, der Spielfelder, der Sportkleidung sowie der Sportgeräte maßgeblich verbessert. Diese Prämissen führten dazu, dass beispielsweise Usain Bolt 2013 in der Lage war, den von Jesse Owens aufgestellten 100 Meter Sprintrekord aus dem Jahr 1936, zu unterbieten. Jesse Owens war vielleicht gar nicht langsamer gewesen. Er lief nur unter schlechteren Bedingungen. Epstein folgert weiterhin, dass die Genetik ausschlaggebend für den Triumph einer Person in einer Sportart sei.[6] Wer genetisch nicht optimal zur jeweiligen Sportart passt, der wird heutzutage unter gleichen Trainingsbedingungen keine Chance gegen seine von Natur aus besseren Konkurrenten haben. Dieser Sachverhalt lässt sich vor allem im Basketball beobachten. Hier haben großwüchsige Menschen einfach mehr Chancen. Beim Pferderennsport verfügen hingegen kleine und leichte Menschen, die Jockeys, über erhebliche Vorteile. Konkurrenzfähiger Sport war schon immer eine Sache der genetischen Auslese. Das sollte uns zu denken geben. Jeder sportliche Wettbewerb ist im Grunde vor allem ein genetischer Vergleich und das kann ich nicht befürworten. Die sportliche Moral endet mit den Dopingtests, dabei ist das viel zu oberflächlich. Auch die finanzielle Diskriminierung zwischen Sportmannschaften macht jedes größere Sportevent zu einer Farce. Jeder Wettkampfsport ist abhängig von individuellen Ausstattungen der Sporträume und da diese in jeder Stadt unterschiedlich sind, endet auch hier die Chancengleichheit. Schon schlimm genug, dass Verantwortliche diese Phänomene nicht erkennen, aber am schlimmsten ist es, das diese Missverhältnisse auf die Kosten der Kinder gehen, die alles geben und nicht verstehen, warum sie niemals auf dem Treppchen landen werden. Ich habe nichts gegen Wettkämpfe, aber ich glaube mehr an die täglichen, spielerischen Austragungen zwischen Kindern, die keine großartige Organisation von Erwachsenen benötigen. Sie entstehen auf ganz natürlichem Wege, ohne jemanden vor versammeltem Publikum bloßzustellen, wenn er oder sie als letztes das Ziel erreicht.
[6] David Epstein: The Sports Gene. Talent, Practice and the Truth about Success. Random House, London 2014, S. 115, 126, 142-157.